Ein Stück Weltall in der Hand – Exkursion des Q1 Physik Lks

Unsere Exkursion nach Berlin
Ein Bericht des Leistungskurses Physik in der Jahrgangsstufe Q1

Physik – mehr als nur Formeln! Das dachte sich auch der Physik-Leistungskurs der Q1 des Heinrich-Heine Gymnasium Bottrops, als dieser zu seiner fünftägigen Exkursion nach Berlin aufbrach. Um 5 Uhr morgens am Samstag, 20. Juni, trafen wir uns am Essener Hauptbahnhof, um mit dem ICE nach Berlin aufzubrechen. Gleich nach Ankunft und Unterbringung der Koffer im Jugendgästehaus brachen wir sofort auf um das erste Ziel unserer Fahrt zu erreichen, das Berliner Technikmuseum.

Unser Ziel: Das Berliner Technikmuseum

Dieses vielfältige Museum eröffnet seinen Besuchern einen informativen Einblick in Luft- und Raumfahrt, Eisenbahntechnik, Film und Fotographie, Schifffahrt und vieles mehr, sodass für jeden etwas dabei ist. Zu vielen Exponaten werden zudem mit Hilfe von interaktiven Modellen und verständlichen Texten die zugehörigen physikalischen Prinzipien erklärt. Ergänzt wurden diese durch anschauliche Beiträge unseres Fachlehrers Herrn Biermann. „Die Vielseitigkeit und der gute Einblick in Technik und Natur, sowie deren Wechselwirkungen, haben mir sehr gefallen. Besonders faszinierend fand ich das echte Stück Mondgestein.“, merkte der Schüler Jan an. Anschließend besuchten wir das zum Technikmuseum gehörige Nebengebäude, das „Spectrum“. In diesem wurden nicht nur theoretische Grundsätze zu Themen wie Akustik, Mechanik, Licht, Elektrizität, sondern auch unzählige Experimente ausgestellt, die wir selbst durchführen, und somit spielerisch Grundlagen der Physik wiederholen, vertiefen oder neu dazu lernen konnten. „Ich fand es gut, dass wir dort die Chance hatten, auch Themen aus dem Unterricht zu vertiefen – und das hat Spaß gemacht!“, merkte die Schülerin Nicola an.

Im Musikinstrumenten-Museum

Der nächste Tag begann mit einer Führung im Musikinstrumenten-Museum und einem anschließenden Vortrag zum Thema Klangerzeugung und Schallwellen am Beispiel der Musik. Bei der Führung wurde den Zuhörern, anhand überwiegend historischer Musikinstrumente, die Bedeutung von physikalischen Fachbegriffen wie Resonanz und Überlagerung von Grund- und Obertönen zum Klang, sowie die technische Entwicklung der Musikinstrumente im Laufe der Geschichte näher gebracht. So erfuhren wir beispielsweise den Grund der Wölbung eines Violinen-Corpus. Am Ende der Führung durften wir uns am Spiel einer historischen elektrischen Kinoorgel, der Wurlitzer-Orgel aus den 1920er-Jahren, erfreuen, mit der sich ein ganzes Orchester aus realen Instrumenten steuern lässt. Neben „normalen Instrumenten“ lassen sich aber auch mechanisch erzeugte Effekte wie ein Gewitter oder Vogelgesang spielen. Der anschließende Workshop zum Thema Schallwellen, fand in intensiver Zusammenarbeit mit uns statt. So wurde nach einer kurzen theoretischen Einweisung in den Zusammenhang zwischen physikalischer Welle und wahrgenommenen Klang selbst Hand angelegt. Es wurden Saiten einer Gitarre und einer Geige vermessen, gespielt und in der Länge verändert. So wurde, durch „learning by doing“, der Zusammenhang zwischen Frequenzveränderung und musikalischem Intervall erarbeitet. „Es war beeindruckend erst die historischen Instrumente regelrecht zu erleben, die man sonst nur sehen, aber nicht berühren darf, und im Anschluss die physikalischen Hintergründe kennen zu lernen. Es hat mir außerordentlich gefallen.“, resümiert der Schüler Pascal.

Anschließend ging es nach kurzer Pause in das Museum für Naturkunde, welches unter anderem über eine einzigartige Sammlung Dinosaurierfossilien, Mineralien und präparierter Tiere verfügt. Hier steht das mit einer Höhe von 13,27 Metern größte frei stehende Dinosaurierskelett der Welt. Um dem Fach Physik auch hier Genüge zu tun, wies Herr Biermann uns an, sich insbesondere mit der Altersbestimmung der Fossilien und der Differenzierung von Meteor, Meteorit und Asteroid auseinander zu setzten. Mit diesen Aufgaben „bewaffnet“ suchten wir nun im Museum nach möglichen Antworten, wobei nach der Beantwortung noch genügend Zeit zur ausführlichen Untersuchung der anderen Exponate des Museums übrig blieb. So lernten wir nicht nur neues über physikalische, sondern auch über biologische und chemische Zusammenhänge der Erdgeschichte. Zum Besuch merkt der Schüler Sebastian an: „Seit ich fünf Jahre alt bin interessiere ich mich für Fossilien und Dinosaurier und war schon mehrfach in diesem Museum. Es wird nie langweilig und man lernt immer wieder etwas Neues hinzu.“

In der Freizeit nutzten einige von uns die Gelegenheit, um bei einer Filmpremiere am Potsdamer Platz den berühmten Schauspieler Arnold Schwarzenegger persönlich zu sehen, aber auch berühmte Denkmäler, wie das Brandenburger Tor.

Am Montag ging es mit einer Führung durch das Medizintechnik-Ausstellung weiter. Angefangen mit der Analyse des aufrechten Ganges des Menschen und der Beschaffenheit des menschlichen Arms, lernten wir die Funktionsweise sowie die einzelnen Bereiche der Prothesentechnik anhand echter Prothesen für verschiedene Körperteile kennen. Des Weiteren gewannen wir einen Einblick in die Entwicklung eben solcher Prothesen. Die aktuellen Modelle zeigen eine große Ähnlichkeit mit den Körperteilen des Menschen, z.B. durch bewegliche Gelenke. Diese Prothesen nehmen mit Hilfe elektrischer Spannung aus den Nerven und Muskeln eines Menschen Steuerungssignale auf, welche mit Hilfe von Computerchips ausgewertet werden, so dass eingebaute Motoren so gesteuert werden können, dass die Prothese den Gang möglichst lebensecht nachahmt. Zuletzt konnten wir mit Hilfe von Simulationen selbst testen, wie sich das Leben durch eine Gehbehinderung verändert. Hierzu standen uns eine Rollstuhlsimulation sowie ein echter Rollstuhl zur Verfügung.

Anschließend haben wir das Computermuseum besichtigt, in welchem man die fortschreitende Technologie, angefangen mit dem 1939 gebauten Spielecomputer „Nimrod“ über die ersten Heimcomputer, wie den 1977 gebauten „Apple II“, bis hin zu technologischen Neuheiten des 21. Jahrhunderts (bis zum „Nintendo 3DS“), klar erkennen konnte. Hierbei lernten wir den Computer jedoch nicht nur als eine „Maschine zur Erleichterung von Arbeit“, sondern auch als „Unterhaltungsmaschine“ kennen. Die Vision, eine Maschine zur Unterhaltung zu verwenden, besteht seit ungefähr 1769 („Schachtürke“). Die Entwicklung von Computerspielen wurde uns ebenfalls durch die große Ansammlung der vorhandenen „Retro-Games“, wie z.B. Pong oder Pacman, und deren „Medienwechsel“ (Die Entwicklungen von Diskette oder CD) nahegebracht. Nach der ausgiebigen Führung durften wir selbst solche „Retro-Games“ ausprobieren. Hierzu merkte der Schüler Steffen an, „Es war einfach der beste Ausflug“.

Als krönenden Abschluss des Tages und zur Erweiterung der kulturellen Kompetenz wurde als Abendessen eine kulinarische Reise nach Indien unternommen, wobei natürlich auch der Geburtstag eines Schülers nicht vernachlässigt wurde.

Am vorletzten Tag konnten wir in Berlin-Adlershof am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt unter professioneller Aufsicht drei Experimente selbst durchführen. So haben wir z.B. mit Hilfe eines speziellen Polarisationsmikroskops echte Meteoriten analysiert. Nach einer kurzen Einführung waren wir in der Lage, deren Typ und damit auch deren Herkunft, z.B. vom Mond oder Mars, selber zu bestimmen. Des Weiteren haben wir auch einen hypothetischen Einschlag eines Meteoriten und dessen Auswirkungen auf die Erde simuliert. Im Rahmen einer Einführung in die Seismologie haben wir nicht nur die Ursachen und Auswirkungen eines Erdbebens, sondern auch die Methoden zur Erkennung und Lokalisierung seines Zentrums gelernt. Damit gelang es uns, aus echten Messdaten eines Erdbebens dessen Ursprung zu lokalisieren. Anschließend verursachten wir unser „eigenes Erdbeben“, indem wir im Keller der DLR in der Nähe des Seismometers sprangen. Das dritte Experiment stellte eine dreidimensionale Kartographierung eines Modells der bergigen Planetenoberfläche des Mars dar. Dazu verwendeten wir eine moderne, laserbasierte Messmethode, welche man auch bei Satelliten verwendet. Bei allen Experimenten wurden mit Studenten zunächst die wissenschaftlichen theoretischen Hintergründe erarbeitet, um das neue Wissen im Anschluss direkt anwenden zu können. „Ich war sehr beeindruckt von den verschiedenen Experimenten, vor allem die Untersuchung außerirdischen Gesteins in Form von Meteoriten. So konnte man ein echtes Stück Mond oder Mars in der Hand halten und es, mit Hilfe eines Polarisationsmikroskops seinen Typ oder sogar seinem Herkunftsort herausfinden.“, merkte der Schüler Onur an. Schüler Mustafa hingegen war mehr von dem Laserexperiment begeistert: „Ich fand es unglaublich spannend, mit einem Laser eine detaillierte Messung an einem Nachbau des Mars durchzuführen.“

Im Anschluss daran besuchten wir den Teilchenbeschleuniger BESSY II der Helmholtz-Gemeinschaft. Dort erforscht man nicht, wie beim berühmten Teilchenbeschleuniger am CERN, Kollisionen schwerer Teilchen (Protonen), bei denen neue, andere Teilchen entstehen, sondern arbeitet mit beschleunigten Elektronen, die auf ihrer Kreisbahn bei einer Geschwindigkeit von 99,99999% der Lichtgeschwindigkeit eine spezielle Form der Röntgenstrahlung abgeben. Diese sogenannte kohärente Synchrotronstrahlung hilft, kleine Objekte besser erforschen zu können – BESSY II dient also in vielen Experimenten eher als hochauflösendes Mikroskop. Nach einer Einführung in die Geschichte und die Funktionsweise von BESSY II hatten wir die einmalige Möglichkeit, uns den Teilchenbeschleuniger von seiner Kontrollstelle, die ein bisschen an die Brücke in Star Trek erinnert, aus anzusehen, wodurch wir einen spannenden Einblick in die Arbeit mit BESSY II erhielten.

Am Tag der Abreise kehrten wir zurück in das Technikmuseum. Diesmal war eine Führung zum Thema „Natur und Technik“ geplant. Dieser informative Einblick zeigte uns die Verbundenheit zwischen Technik und Natur. Die Technik versucht die Kraft der Natur, wie die der Pferde oder des Dampfes, effektiv – häufig durch die Nachahmung von Tieren – zu verwenden. Durch die intensive Beobachtung von Vögeln war es z.B. möglich, Flugzeuge zu bauen, so dass sogar ein Mensch fliegen kann. Des Weiteren wurden das Prinzip einer Dampflok, die Entwicklung der individuellen Mobilität und das älteste noch erhaltene Schiff in Berlin gezeigt. Der Mensch verschafft sich durch gezielte Beobachtung der Natur zunehmend die Fähigkeit, die Natur nach seinen Bedürfnissen und Wünschen zu gestalten. Betont wurde jedoch auch eindeutig, dass dies oft zum Leid der Natur geschieht. Wir Menschen manipulieren nicht nur die Natur, sondern zerstören sie auch.

Anschließend begaben wir uns auch erneut ins Spectrum, um uns dort mit einem vorher jeweils individuell vorgegebenen Thema intensiv auseinanderzusetzen, Experimente dazu zu suchen und diese zu protokollieren. Dieses Protokoll soll mit Hilfe von Recherchearbeit ausgearbeitet und dem Kurs im nächsten Halbjahr vorgeführt werden. Dies trägt dazu bei, dass wir als Physik-Leistungskurs in präziser, praktischer wissenschaftlicher Arbeit geschult werden.

Abschließend zu der Exkursion ist der Ausbau und Erwerb von Kompetenzen im Miteinander, Selbstständigkeit und vielen naturwissenschaftlichen Bereichen anzumerken. So wurde die sonst eher inhaltlich schwache letzte Woche vor den Sommerferien zu einer unglaublich informativen Bildungsveranstaltung, welche den Verstand und Intellekt aller auch in außerschulischen Bereichen bereichert und uns für unser weiteres Leben, z.B. auch im Hinblick auf eine mögliche Studienwahl, sehr weiter gebracht hat. Unser Dank gilt allen, die uns diese tolle Fahrt ermöglicht haben, welche uns sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, ein echtes Stück Weltall in den eigenen Händen zu halten?