Ex-HHG-Absolventin koordiniert Migranten-Förderunterricht

Die Schüler sind unfassbar dankbar
WAZ 3.10.2016 / Kai Süselbeck

Gülsah Mavruk hat ihr Abi am Heinrich-Heine-Gymnasium gebaut, dann Lehramt studiert. Heute koordiniert sie einen sehr erfolgreichen Förderunterricht.

Als Gülsah Mavruk im Fuhlenbrock und im Warmen Eigen aufwuchs, hatte ihre Mutter sie von der Muttersprache Arabisch erst zum türkischen und dann zum deutschen Alphabet geführt. Heute macht die HHG-Absolventin im Prinzip das Gleiche, allerdings für rund 1200 Schüler: Sie koordiniert das Projekt „Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund“ an der Uni Duisburg-Essen. Am Dienstag erklärte sie im „Forum für Politik & Gesellschaft“ der CDU, warum das seit 40 Jahren immer besser funktioniert – und was Lehrer und Bildungsplaner daraus lernen können.

Seit 2008 ist Gülsah Mavruk Förderlehrerin für Deutsch, Mathe, Englisch und Französisch; seit 2010 koordiniert sie das Projekt am Essener „Institut für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache“. Ihre Doktorarbeit befasst sich mit der Frage, wie Lehrer im Studium auf die unterschiedlichen Bildungsstände und Sprachkenntnisse von Migrantenkindern vorbereitet werden können. Und sie hat sich längst dafür entschieden, Deutsch als Zweit- und Fremdsprache weiter zu lehren und zu erforschen, wie das am besten funktioniert. Ihre Begründung, warum sie sich gegen Schule und für Förderunterricht entschieden hat: „Es ist einfach toll, mit Schülern zu arbeiten, die lernen wollen.“

Denn die Schüler, die zu Gülsah Mavruk und den anderen 120 Lehrenden im Projekt kommen, wollen wirklich lernen. Sie haben den festen Willen, einen Abschluss oder gar ein Studium zu schaffen. Sie wissen, dass sie dafür gutes Deutsch brauchen. Und oft ist das Elternhaus keine Hilfe, sagt Gülsah Mavruk: „90 Prozent kommen aus Hartz-IV-Familien. Die Schüler sind sehr oft auf sich allein gestellt. Deshalb kommen sie zu uns, weil sie wissen: Sprache ist der Schlüssel zur Bildung. Und die Schüler sind unfassbar dankbar.“

Bei der jüngsten Abifeier des Projektes hat Absolventin Roshni Luthra (19) gesagt: „Die Tatsache, dass ich acht Jahre lang zusätzlich zur Schule nachmittags zum Förderunterricht gegangen bin, und das liebend gerne, das alleine muss Sie doch zum Staunen bringen.“ Sie wird in ihrem Studium Mathe unterrichten und Teil des Teams bleiben.

Mit Stolz verweisen Förderlehrer auf die Versetzungsquoten ihrer Schüler von fast 98 Prozent. Was macht das Lernen im Projekt so erfolgreich? „Hier legen wir ganz viel Wert auf Schreiben“, sagt Gülsah Mavruk. „Und wir fangen ganz früh an, auch Fachsprache zu lehren. Eigene Texte in Fachsprache zu verfassen, bringt die Schüler unglaublich schnell weiter.“

Rund 250 Flüchtlingskinder werden inzwischen im Projekt betreut. Mit einem Erhebungsbogen erfassen die Lehrenden den Sprachstand in der jeweiligen Erstsprache. Müssen sie das deutsche Alphabet neu lernen? Parallel zu den Deutschkursen bis zum Level C1 beginnt der Fachunterricht. Aufgrund ihrer oft guten Bildung lernen viele Flüchtlingskinder recht schnell Deutsch. Mehr Sorgen macht sich Gülsah Mavruk über eine „verlorene Generation“ von hier geborenen Migrantenkindern: „Die sprechen zwei Sprachen – aber keine richtig.“

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