HHG-Schüler wienern Stolpersteine blank
Ute Hildebrand-Schute / WAZ 29.6.2016
9. Klasse des Heinrich-Heine-Gymnasiums startet Putzaktion mit ihrer Geschichtslehrerin. Margret Häken macht sonst Begehungen mit den Schülern
Wenn die SchülerInnen des Heinrich-Heine-Gymnasiums (HHG) nicht gerade vorher noch fleißig die Stolpersteine am Pferdemarkt 3 gewienert hätten, dann hätte die ältere Dame sie womöglich gar nicht bemerkt. So blieb sie stehen und studierte aufmerksam die Inschrift der Steine, die an das Schicksal der aus Polen stammenden jüdischen Familie Reder erinnern. Die Eltern starben im polnischen KZ, eine Tochter ist verschollen, die andere überlebte und wanderte später in die USA aus.
Mit ihrer Geschichtslehrerin Margret Häken hatten sich die SchülerInnen der Klasse 9b des Gymnasiums am Dienstag auf den Weg in die Innenstadt gemacht, um Stolpersteine zu putzen. Den Anfang machten sie an der Essener Straße 17. Diese sechs Stolpersteine zur Erinnerung an die Familie Krauthammer hatte der Kölner Künstler Gunter Demnig 2006 verlegt, für einen davon hatte das Lehrerkollegium des HHG damals sogar die Patenschaft übernommen.
Begehung mit den Schülern
„Ich mache jedes Jahr mit den Klassen eine Begehung der Steine“, erzählt Margret Häken. „Dabei ist mir aufgefallen, dass viele Steine nicht mehr so schön leuchten.“ Und hat die Begehung deshalb in eine Putzaktion umgewandelt. Ausgerüstet mit Metall-Putzmittel und vielen weichen Lappen – für die musste „Opas alter Schlafanzug“ dran glauben – machten sich die Schüler auf den Weg zur Stadtmitte, um die Steine in der Nähe wieder zum Glänzen zu bringen.
Besonders gefreut hat sich darüber Stadtarchivarin Heike Biskup: „Ich finde es ganz toll, dass ihr das macht“, lobte sie die Gymnasiasten. Im September 2005 hatte Gunter Demnig in Bottrop die ersten Stolpersteine verlegt. Ihre Oberfläche ist mit einer Messingplatte versehen, in die jeweils die Worte „Hier wohnte“ zusammen mit dem Namen und dem Schicksal des Opfers eingemeißelt wurde. 65 Steine erinnern inzwischen in ganz Bottrop, außer Kirchhellen, an die Opfer des Nationalsozialismus. Ihre Lebensgeschichten werden in einer Dokumentation erzählt.
Im Laufe der Jahre verschmutzt die Messingplatte, so dass die Schrift kaum noch zu lesen ist. Heike Biskup würde sich deshalb freuen, wenn Paten oder Anwohner die Steine mal säubern würden. Tipps für die richtige Reinigung gibt es bei Heike Biskup.
Im übrigen muss die Geschichte des Nationalsozialismus in Bottrop noch weiter erforscht werden: „Es gibt noch viele Lücken, die es aufzuarbeiten gilt.“ Platz für Stolpersteine gibt es auch noch.
Hakan, Lennard, Phil, Alina und Jonas aus der Klasse 9b (v.l., alle 15) putzen die Stolpersteine an der Essener Straße.
Informationen bei Heike Biskup (Tel. 70-3755) oder im Internet
Die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, Zigeuner, politisch Verfolgten, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer sollen die Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig wachhalten. In 1099 Orten in Deutschland und 20 Ländern Europas hat er schon Stolpersteine verlegt.
http://www.derwesten.de/staedte/bottrop/schueler-wienern-stolpersteine-blank-id11959385.html#plx1710610386