Heimatstadt - Warum ein Schüler nach dem Studium zurück nach Bottrop will
Bottrop. Für den 18-jährigen Lennart Schraven steht schon heute schon fest: Seine Kinder sollen einmal in der gleichen Stadt aufwachsen wie er.
Es muss sich etwas tun in Bottrop. Vor allem für die junge Generation, findet Lennart Schraven. Der 18-jährige Gymnasiast ist wohl das, was man gemeinhin einen Macher nennt: Mit 13 produzierte er seinen ersten Podcast in einer Bottroper Jugendredaktion. Mit 16 stieg er bei der Initiative Marktviertel ein, mit 17 gründete er eine Schülergewerkschaft, die sich erfolgreich für einen eigenen Raum in der Bottroper Innenstadt eingesetzt hat.
Wenn er im nächsten Jahr sein Studium an der Universität Köln beginnt, heißt es Abschied nehmen von der Stadt, in der Schraven sich seit Jahren engagiert. So wie fast alle seiner Mitschülerinnen und Mitschüler, sagt Schraven. Er jedoch weiß schon jetzt, dass er nach dem Studium zurückkehren will. „Ich möchte, dass meine Kinder durch die gleichen Straßen und auf die gleiche Schule gehen wie ich.“
Bottrop und seine vermeintlichen Bodenschätze
Aufgewachsen ist Lennart Schraven im Fuhlenbrock, „einem der geilsten Stadtteile“, wie er sagt. Er erinnert sich, wie er mit Freunden im Wald gespielt hat, wie sie Hütten gebaut und sich mit Stöcken bekriegt haben. Sein Vater nahm ihn manchmal mit auf die Halde, wo sie mit dem Hammer in der Tasche gemeinsam nach Fossilien suchten. „Dann haben wir zum ersten Mal Katzengold gefunden und ich dachte: Alter, muss Bottrop reich sein.“
Das dem bekanntlich nicht so ist, wurde ihm dann als Jugendlicher zunehmend klar, fehlte es in seinen Augen doch an Angeboten gerade für seine Altersklasse. Und so setzte er sich hin, schrieb ein Konzept, trommelte Mitstreiter zusammen und gründete 2023 die Schülergewerkschaft.
„Da ist es sonntags einfach richtig schön: zum Hinsetzten, Kaffee trinken, quatschen“
„Das hat sich so durchgezogen, dass ich einen riesig großen Tatendrang hatte. Was mich stört, habe ich immer zu verbessern versucht.“ Anfangs sei es zwar nicht leicht gewesen, Gleichaltrige zu mobilisieren, doch komme der Stein erstmal ins Rollen, so seine Erfahrung, dann zögen die Bottroper auch mit.
Sein Lieblingsort ist das Museumszentrum Quadrat. „Da ist es sonntags einfach richtig schön: zum Hinsetzen, Kaffee trinken, quatschen – alles was Spaß macht. Das ist in Bottrop einer der letzten richtig schönen Orte.“ Gerade hat der umtriebige Abiturient dort mit seinem neusten Projekt, einem kleinen Kaffeestand auf Rädern, die erste Saison beendet.
Fast alle Mitschüler wollen die Stadt nach der Schule verlassen
So verwundert es auch nicht allzu sehr, dass der 18-Jährige nach dem Stadtgarten-Areal direkt auf den Wochenmarkt zu sprechen kommt. „Weil da die Kollegen hinkommen. Man trifft Leute, die man gern hat, trinkt einen Kaffee, das ist einfach ein schönes Konzept.“ An den Bottropern schätzt er vor allem die Ehrlichkeit. „Die Leute sagen, was sie denken. Das finde ich sehr erfrischend.“
Nächstes Jahr macht Schraven sein Abitur, danach will er in Köln Management, Economics and Social Sciences studieren – ein sperriger Name, „im Grunde aber BWL“, sagt er.Fast alle wollten nach der Schule weg. „Ich bin auch einer davon, aber ich möchte zurückkommen.“ Seine Kinder, sagt er, sollen in Bottrop aufwachsen, in der Stadt, die ihn geprägt hat. Und vielleicht werden dann ja auch sie einmal finden, dass eine Stadt nicht auf Gold gebaut sein muss, um zu glänzen.
Autor: Von Niklas Schlottmann